There is nothing we can do... | Napoleon Filmreview
-
ItzCrazy -
14. Dezember 2023 um 18:15 -
1.031 Mal gelesen -
3 Kommentare 5 Minuten
Napoleon Filmreview
- There is nothing we can do... -
Die spannendsten Geschichten schreibt das Leben – so lautet ein Sprichwort. Und blickt man auf einige reale historische Personen zurück, so muss man zweifelsohne sagen, dass das auch so stimmt. Alexander der Große eroberte als junger Erwachsener und als absoluter Underdog ein Weltreich. William Wallace und erfolgreicher Robert Bruce befreiten Schottland vom englischen Joch. Thomas Cochrane, eine britische Seefahrerlegende und nebenher auch begabter Erfinder, kaperte mit seiner kleinen HMS Speedy zu Zeiten der napoleonischen Kriege über 50 Schiffe, wurde danach Freiheitskämpfer in Chile, Peru, Brasilien und Griechenland.
Es sind diese und andere Legenden der Menschheitsgeschichte, die Grundlage für epische Historienfilme sind. Eine solche Legende, vielleicht sogar die Bedeutenste, ist Napoleon Bonaparte. Ridley Scott widmete dem Feldherren nun einen Film. Die Erwartungen an diesen waren groß. Doch nicht immer gelingt es Filmschaffenden, den historischen Stoff auch gut auf die Leinwand zu bringen. Zu viel Fiktion, zu große historische Ungenauigkeiten können Gründe für Flops sein. Gerade dann, wenn sich Filme als authentisch bewerben. Napoleons Kernproblem ist ein anderes: Fehlender Zeit. Für einen Kinofilm allein ist Napoloens Leben schlicht und ergreifend zu ereignisreich.
Besetzung
Sony Pictures neuester Blockbuster, verfilmt von Starregisseur Ridley Scott (bekannt aus Gladiator oder Blade Runner), verspricht großes. In der Hauptrolle spielt Joaquin Phoenix (bekannt aus The Joker und Gladiator) eine seiner schauspielerisch besten Rollen. Unterstützt wird er dabei von Vanessa Kirby (The Crown), Tahar Rahim (Der Mauretanier) und Mark Bonnar (Assassins Creed Black Flag). Trotz der sonst eher unbekannten Besetzung und Crew leisten viele der Schauspieler einige der besten Performances ihrer Karriere.
(Quelle: Apple)
Handlung
Die Biografie erzählt Napoleons Lebensgeschichte. Gezeigt werden seine ersten Erfolge in der französischen Armee, seine Selbstkrönung als Kaiser und sein Ende in seinem Exil auf St. Helena. Scott zeigt uns diverse Schlachten, in denen Napoleon kommandierte oder beteiligt war. Zu nennen sind hier die Belagerung von Toulon, sein Russlandfeldzug oder die Schlacht von Waterloo.
Dabei steht seine Beziehung zu Josephine Bonaparte (Vanessa Kirby) im Mittelpunkt der Erzählung. Vor allem Napoleons Trennung von der älteren Josephine, mit nachfolgender Annulierung der Ehe um Platz für eine neue, jüngere Gemahlin und damit für eine mögliche Mutter eines Thronerben zu machen, wird behandelt. Von Napoleons Reformen als Kaiser Frankreichs, welche Staaten in ganz Europa bis heute prägen, wird uns nur sehr wenig präsentiert.
(Quelle: Apple)
Die Kritik
Ein großer Kritikpunkt am Film ist die Verkürzung von Napoleons Handlungen als Feldherr und Kaiser und stattdessen der Fokus auf seine Romanze. Auch wenn diese einen großen Teil in seinem Leben eingenommen hat, wird viel Screentime dafür verschwendet, statt historische Aspekte zu beleuchten. Diese enorme Verkürzung zieht ein schlechtes Verständnis der geschichtlichen Persönlichkeit Napoleon nach sich und enttäuscht.
Allgemein wirkt der Film wie ein Zusammenschnitt aus Best of Ausschnitten, das passt auch zum Gerücht, dass der Originale Director’s Cut die doppelte Länge vorweisen soll. Scott wollte zu viel in einem einzelnen Film darstellen und das war ein Fehler.
(Quelle: Apple)
Die Schlachten
Ridley Scott zeigt in seinem Filmwerk sechs bedeutende Schlachten aus Napoleons Leben. Dabei unterscheiden sich diese stark. Doch eins haben alle gemeinsam: unglaublich viele Effekte und noch mehr Schauspieler. Die Aufmachung der Feldzüge überzeugt und ist atemberaubend. Für das Auge ist in diesem Film wirklich einiges geboten. Doch so spektakulär manche Schlachten auch dargestellt seien mögen: Historisch akkurat sind sie nicht immer. Bei der Schlacht von Austerlitz wurde viel zu viel Aufmerksamkeit auf die See-Szenen gelegt.
Tatsächlich beschoss die französische Artillerie am Ende der Schlacht die zugefrorenen Seen um Austerlitz. Hunderte Russen und Österreicher ertranken in den eisigen Gewässern. Aber das eigentliche strategische Meisterstück Napoleons lag hier wie so oft in der Schlachtaufstellung. Napoleon ahnte die Strategie seiner Gegner perfekt voraus. Im Film ist davon praktisch nichts zu sehen. Kein einziges Mal wird dem Zuschauer vermittelt, weshalb Napoleon als einer der besten Militärstrategen der Geschichte gilt. Das ist wirklich eine Blamage.
(Quelle: Apple)
Fazit
Napoleon ist cineastisch auf einem sehr hochwertigen Niveau. Der von Apple mit einer gewaltigen Summe von über 200 Millionen Euro produzierte Film überzeugt mit gewaltigen Schlachten und detailreichen Drehorten. Doch nicht nur Szenen der Superlative können wir sehen. Es gibt eben auch viele romantische Szenen zwischen Phoenix und Kirby. Die beiden zeigen in diesen zweifellos ihr Schauspieltalent. Aber dennoch ist hieran nicht alles rosig. In zweieinhalb Stunden Bewegtbild sind viele dieser romantischen Szenen letztlich langweilig. Viele historische Aspekte wurden auch deutlich zu kurz gehalten.
Vor allem die reine (und zusammenhangslose) Aneinanderreihung von Szenen aus Napoleons Leben mit teils gewaltigen Zeitsprüngen enttäuscht. Der Aufbau und das letztliche Dilemma des Films erinnert stark an die Verfilmung des Lebens von Alexander dem Großen aus dem Jahr 2004. Damals versuchte sich Regisseur Oliver Stone daran, ein ganzes Leben in 176 Filmminuten zu quetschen und scheiterte letztlich leider damit.
Napoleon ist definitiv kein Meisterwerk des Kinojahres. Für einen verregneten Nachmittag auf dem Sofa eignet sich Scotts Werk. Doch sollte man gerade als Geschichts-Nerd keine zu großen Erwartungen haben. Vielleicht ändert sich das aber mit dem Director’s Cut. Es wäre wirklich ein Traum.
Über den Verfasser:
Tim aka ItzCrazy (17) ist Schüler,
begeisterter Gamer und Cineast.
Seit dem 7. Juli 2020 ist er
Mitglied der EGM-Community.
Er hält den Rekord des längsten
Artikels des EGM Magazins.
Kommentare 3