Der Aufstieg und Fall von BeReal

Der Aufstieg und Fall von BeReal

Was ist BeReal?

Das Konzept von BeReal besteht darin, dass alle Nutzer zur gleichen Zeit eine Benachrichtigung mit dem Text "Time to BeReal" erhalten. Sie haben dann zwei Minuten Zeit, um ein Foto aufzunehmen. Der Zeitpunkt dieser Benachrichtigung variiert von Tag zu Tag, sodass man nie weiß, wann sie kommt. Es kann während der Schule, der Arbeit oder während des Spielens von CWpassieren. Das Foto wird sowohl mit der Vorder- als auch mit der Rückkamera aufgenommen.

Der Reiz und Erfolg der App liegt darin, dass man nur zwei Minuten Zeit hat, um ein Bild von seinem aktuellen Moment zu machen. Die Fotos, genannt "Reals", können mehrfach aufgenommen werden, was jedoch deinen Freunden in der App angezeigt wird. Falls man den Moment verpasst, postet man ein sogenanntes "Late". Du kannst erst sehen, was deine Freunde posten, wenn du selbst ein BeReal postest.

(Quelle: WWD)

Meine persönliche Erfahrung?

Das erste Mal habe ich mir BeReal am 12.09.2022 heruntergeladen, weil es mir von meinem guten Kollegen Clyde empfohlen wurde. Im gleichen Zeitraum begann der Hype der App so richtig; an meiner Schule hatte damals jeder die App. In der Zeit, in der ich die App genutzt habe, habe ich 312 BeReals geschossen. Ich muss sagen, ich mag BeReal irgendwie. Die Spontaneität und der Ansatz, dass nicht jedes Bild perfekt sein muss, haben mir damals wirklich viel Spaß gemacht. Heutzutage nutze ich die App nicht mehr, da ich all meine Social-Media-Aktivitäten minimiert habe. Für diese Reportage habe ich mir die App jedoch wieder installiert und mir meine Memories angeschaut.

Es war wirklich schön, viele alte Momente zu sehen, die ich ganz vergessen hatte. Ich konnte mich in die Momente hineinversetzen und beobachten, wie ich mich über die fast zwei Jahre, in denen ich BeReal genutzt habe, verändert habe. Ich konnte Schritt für Schritt Veränderungen sehen, sei es im Freundeskreis oder in meinem Aussehen. Dafür ist BeReal einfach perfekt, um in die Vergangenheit zu blicken und alte Momente anzusehen.

Jedoch ist nicht alles perfekt. Ich habe leider auch schlechte Erfahrungen mit BeReal gemacht, seien es kleine Bugs, die verhinderten, dass das Foto gepostet wurde, oder kritische Momente, in denen Menschen BeReals zu den schlechtesten Zeitpunkten gemacht haben. Ein Beispiel hierfür ist eine Mitschülerin von mir, die bei einem Besuch im Konzentrationslager Dachau ein BeReal geschossen hat, was ich für verwerflich halte. Oder bei einem Theaterbesuch, bei dem es ausdrücklich hieß, dass während der Aufführung ein Fotografierverbot besteht. Als BeReal kam, haben viele dieses Verbot missachtet und ein BeReal geschossen, nur um ein pünktliches BeReal zu haben. BeReal ist cool, jedoch sollte man immer noch wissen, wo man sich gerade befindet, und einen Blick für die echte Welt haben.

(Quelle: BeRe.al/hashoomblivin)

Der Hype um BeReal

Der Hype um BeReal begann 2022. Anfang des Jahres hatte die App noch 920.000 Nutzer, doch bis August stieg die Zahl auf über 73 Millionen. Der Erfolg ist dem Konzept der Authentizität zuzuschreiben. Seien wir ehrlich: Niemand postet Instagram-Stories, ohne vorher darauf zu schauen oder sie zu bearbeiten. Den meisten Social-Media-Apps fehlt es an Echtheit. BeReal stellt hier eine perfekte Gegenbewegung gegen das idealisierte Instagram-Bild dar. Durch die Spontanität und den Zeitdruck von zwei Minuten kann man kein perfektes Bild inszenieren, sondern muss das posten, was man gerade spontan macht. Diese Spontanität trifft perfekt den Zeitgeist der Jugend. Die App ist einfach und intuitiv; es gibt keine Filter oder Bearbeitungsmittel, was die Authentizität hervorhebt.

Ein weiterer Grund für den Hype um BeReal ist, wie bei allen sozialen Netzwerken, die Fear of Missing Out (FOMO). Durch das geringe Zeitfenster wird der Nutzer unter Druck gesetzt, um gleichzeitig mit seinen Freunden ein Real zu posten. Es wird eine künstliche Spannung und Druck erzeugt, bei der die Nutzer teilweise am Smartphone warten, bis die Möglichkeit kommt, ein Real zu posten. Natürlich hat auch TikTok seinen Anteil am Erfolg von BeReal. Viele TikToker bemerkten, dass das BeReal-Format für virale Momente sorgen kann. Es wurden immer mehr extreme Reals gepostet und für TikTok verwendet, wie zum Beispiel ein Fallschirmsprung.

Wie es scheiterte

BeReal befindet sich seit mehr als einem Jahr in einer Abwärtsspirale. Während im Oktober 2022 noch etwa 15 Millionen Menschen die App täglich nutzten, sank die Zahl der täglichen Nutzer bis März um 61 % auf unter 6 Millionen. Es wird behauptet, dass BeReal im Februar 2024 nur noch 2,93 Millionen tägliche Nutzer aufwies; offizielle Aussagen von BeReals Seite gab es hierzu jedoch nicht.

Ein wesentlicher Grund für den Misserfolg der App war der kurze Novelty-Effekt, der besagt, dass Menschen auf ungewöhnliche oder neue Erlebnisse intensiver reagieren als auf bereits vertraute Ereignisse. Die anfängliche Begeisterung ließ schnell nach, da sich das Konzept nicht weiterentwickelte. Es gab zwar vereinzelt Updates und neue Features, diese boten jedoch wenig Innovation. Eines dieser Features war die Möglichkeit, drei BeReals an einem Tag zu posten, falls man ein BeReal pünktlich postete. Dieses Feature wurde jedoch kaum genutzt; in meinem Freundeskreis kenne ich niemanden, der mehr als zwei BeReals an einem Tag gepostet hat, und selbst diese zwei BeReals wurden nur zu besonderen Anlässen gepostet.

Zudem fehlte es BeReal an einem Monetarisierungsmodell, was die Finanzierung und Weiterentwicklung der App erschwerte. Das einzige Geld, das BeReal erhielt, stammte von Investoren. Die Social-Media-Welt ist von Konkurrenz überflutet, und mit dem Hype von BeReal veröffentlichte auch TikTok ihre Foto-App, die das gleiche Format wie BeReal nutzte. BeReal stand konstant im Wettbewerb mit allen Social-Media-Apps, obwohl es nie eine sein wollte. Letztlich gelang es BeReal nicht, eine treue und dauerhaft aktive Nutzerbasis aufzubauen, was sich nachhaltig auf den Erfolg der App auswirkte und zu ihrem Niedergang führte.

(Quelle: twitter.com/YazdiAlexandre)

Die Zukunft von BeReal

Am 11.06.2024 wurde BeReal an den französischen Spielehersteller Voodoo für 500 Millionen Dollar verkauft. Voodoo plant, stark in BeReal zu investieren und Werbung zu integrieren, um Nutzerwachstum und finanzielle Rentabilität sicherzustellen. Laut Voodoo-Chef Alexandre Yazdi ist das Ziel, die Nutzerzahlen deutlich zu steigern und BeReal zu einer nachhaltigen und erfolgreichen Plattform zu entwickeln.

Voodoo kann durch sein Standing und seine Erfahrung in der App-Entwicklung BeReal immens unter die Arme greifen. Ob dies jedoch ausreicht, um BeReal zu einem Big Player in der Social-Media-Welt zu machen, bleibt abzuwarten. Mit der Übernahme durch Voodoo könnte BeReal eine zweite Chance erhalten, um seine Wurzeln im Social-Media-Markt zu festigen und seine Vision einer authentischen Social-Media-App zu bewahren.

Über den Verfasser:

Pain aka Erick (18) ist Schüler,

begeisterter Club Mate-Connaisseur

und baldiger BWL-Student.

Seit dem 9. Mai 2021 ist er

Mitglied der EGM-Community.