Der schleichende Tod der Stronghold-Reihe geht weiter…
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Stack -
19. März 2021 um 18:06 -
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Stronghold Warlords
Der schleichende Tod der Stronghold-Reihe geht weiter…
Die ersten Minuten von Stronghold Warlords fühlen sich an, wie nach einer langen Reise endlich nach Hause zu kommen. Angefangen beim liebevoll animierten Burgleben über den zurückgebrachten intuitiven Mauerbau, sowie der allbekannten Mixtur aus Aufbau, Wirtschaft und Echtzeitschlachten, bis hin zu den optionalen Tipps vor jeder Mission. Genau so muss das sein für Fans der legendären ersten beiden Serienteile. Spielt man die Kampagne von Warlords das erste Mal, so hat man den Eindruck, dass vielleicht doch wieder alles gut werden könne. Man vergisst die Leiden der letzten Jahre, die man insbesondere mit Stronghold 3 erleben musste und gewinnt für einen kurzen, euphorischen Moment das Gefühl wieder echtes, fantastisches Stronghold-Gameplay zu erleben. Doch dann fangen die Probleme an…
Stronghold Warlords lässt sich eigentlich mit einem Satz zusammenfassen: „Gut gemeint, aber am Ende doch zum Großteil ein Totalschaden.“ Doch wir fangen am besten einmal ganz von vorne an. Für die Jüngeren unter uns, oder für die, die noch nie etwas mit Stronghold zu tun hatten, nun ein paar Erklärungen zum Spielprinzip. In Stronghold ging es seit je her darum eine Burg zu bauen. Hört sich simpel an, ist es aber nicht. Während ihr als Burgherr eure Mauern zieht, eine Wirtschaft aufbaut, Waffen produziert, eure Bevölkerung vermehrt und Burggräben zieht, naht schon bald die Armee eurer Feinde.
Dann setzt nach dem Aufbau-Part von Stronghold der RTS-Teil des Spiels ein. Diese Mischung machte die Stronghold-Reihe seit je her aus. Die neueren Teile der Reihe versemmelten hierbei aber so einiges: Bugs, schlechte Bedienung, eine stets schlechtere Grafik als die der ersten beiden Teile,... die Liste der Mängel ist lang und für Stronghold-Fans äußerst schmerzhaft. Warlords schafft es tatsächlich diese Talfahrt zu beenden und zumindest das Basis-Gameplay wieder akzeptabel umzusetzen. Dies macht Warlords zum besten Stronghold seit dem Jahr 2005, was aber nicht viel zu sagen hat.
So sah damals im Jahr 2001 das erste Stronghold aus und gewann durch das großartige Gameplay viele Fans. Dieses Qualitätslevel konnten die Firefly-Studios aber leider nur wenige Jahre halten. Es ging spätesten ab Mitte der 2000er Jahre steil bergab. (Quelle: Steam-Seite)
Der neueste Teil der Stronghold-Reihe macht in den ersten Spielminuten, wenn man mal von der veralteten Grafik absieht, einen passablen Eindruck. Dann fallen einem aber recht schnell die vielen kleinen Probleme von Warlords auf, die mit zunehmender Spielzeit für immer mehr Frustration sorgen. Was meint ihr? Ist ein Armeelimit von 120 Truppen eine gute Idee, für ein Spiel in dem es um große Belagerungen und Burgen geht? Sind kleine Karten, bei denen man von der eigenen Burgmauer direkt in die Burg seines Kontrahenten schießen kann, gute Maps fürs Burgenbauen und Schlachten austragen? Die Antwort ist NEIN!
Firefly lässt alleine schon bei diesen beiden Punkte dermaßen viel Potential liegen, dass es einem wirklich weh tut, da die Schlachten sogar wieder richtig Spaß machen. Das liegt auch daran, dass das Spiel nahezu bugfrei auf den Markt gekommen ist. Für Firefly-Spiele ist das in den letzten Jahren leider keine Selbstverständlichkeit mehr gewesen.
Modern ist die Grafik von Stronghold Warlords nicht unbedingt. Immerhin das Basis-Gameplay der Reihe wird aber wieder besser umgesetzt als in den letzten, missratenen Teilen. Viel Potential wurde dennoch leider verschenkt. (Quelle: NewGameNetwork.com)
Was ebenfalls gut gelungen ist, ist die Wirtschaft des Spiels. Jeder Produktionsschritt der herstellbaren Güter wird einzeln simuliert und mit netten Animationen in den Produktionsgebäuden ausgeschmückt. So lässt sich beobachten wie ein Waffenschmied seinen Hammer schwingt und nach getaner Arbeit zum Beispiel eine fertige Rüstung zur Waffenkammer trägt, ehe er sich auf macht, um die Ressourcen für die nächste Rüstung aus dem Vorratslager zu holen. Diese Simulation trägt dazu bei, dass eine Burg immer recht belebt ist und es kommt wieder der altbekannte Wuselfaktor auf. In diesen Momenten kann sich der Burgherr tatsächlich einmal zurücklehnen und die relativ gut gelungene Asien-Atmosphäre genießen.
Wo wir gerade schon bei Asien-Atmosphäre sind: Das neue Setting fügt dem Gameplay weit weniger hinzu, als erwartet. Zwar gibt es nun Waffen, die mit Schwarzpulver schießen und für einige nette Explosionen sorgen, doch hätte das grundsätzliche Gameplay ruhig etwas mehr durch das Setting beeinflusst werden können. Burgen sehen eher aus wie westliche Festungen mit Asien-Skin. Einzig und allein die neuen Einheiten machen also den wirklich großen Unterschied. Diese sind wie gesagt nicht schlecht und können ziemlich cool sein (wie zum Beispiel die Samurai, die zwar extrem langsam unterwegs sind, aber dafür umso schlagkräftiger ihre Gegner zersäbeln können), aber hätten noch etwas mehr Variation vertragen können.
Produktionsprozesse werden weiterhin einzeln simuliert und mit netten Animationen dargestellt. Das trägt massiv zu einer guten Atmosphäre bei, die nur durch die fehlende organische Zusammensetzung der Burgen getrübt wird. In Stronghold Crusader bauten sich Burgen beispielsweise einfach realistischer. (Quelle: RockPaperShotgun.com)
Eine Neuerung, die absolut daneben gegangen ist, ist das neue Diplomatiesystem. Dieses ermöglicht es nun neutrale Warlords als Vasallen zu halten, deren Festungen aufzuwerten und Ressourcen und Truppen von diesen anzufordern. Am Anfang macht das alles auch noch einen soliden Eindruck. Über Diplomatiegebäude generiert man Dioplomatiepunkte, die man dann für die verschiedenen Diplomatie-Aktionen einsetzen kann.
Hat man erstmal ein fettes Diplomatiepunkte-Einkommen, so entwickelt sich das Diplomatiesystem aber recht schnell zur nervigen Point-and-Click-Beschäftigung, die man einfach nur noch satt hat, wenn man sich gerade auf andere Dinge, als seine aufmüpfigen Vasallen konzentriert. Diese haben die Angewohnheit gerne minütlich die Seite zu wechseln, was diese deshalb oft als unnützes Beiwerk verkommen lässt. Hier wäre mehr drin gewesen.
Das überarbeitete Diplomatie-System ist eine nette Idee, aber dermaßen aufdringlich und nervig, dass es vor allem im späterem Spielverlauf einfach nur überflüssig ist und man durchgehend damit beschäftigt ist Diplomatie-Punkte zu verprassen was das Zeug hält. (Quelle: RockPaperShotgun.com)
Was am Ende bleibt ist ein Spiel, das zwar keine totale Katastrophe ist, kein Bug-Desaster und auch kein richtig schlechtes Stronghold, aber eine herbe Enttäuschung. Man ist enttäuscht, obwohl man eigentlich mit etwas Schlimmeren gerechnet hat. Zweimal wurde der Release verschoben, bei jedem Mal hatte man das Game schon abgeschrieben und hat nichts mehr erwartet und dennoch steht man jetzt da und fragt sich was eigentlich schief gelaufen ist.
Eigentlich hat Warlords alles, was es braucht um ein richtig gutes Stronghold zu werden, doch die vielen kleinen Fehler summieren sich dann doch noch zu einem eher schlechten Gesamteindruck. Und ein durchschnittliches Game, das zudem noch einige Schwächen hat, das rettet schlussendlich keine Reihe, die in ihren frühen Tagen mal der Inbegriff von perfektem Spielgefühl war. Der Traum von einem Stronghold, das wieder richtig großartig wird, lebt weiter, die Hoffnung darauf stirbt aber immer mehr. Das kann auch Warlords leider nicht ändern. Zu schön wäre es gewesen...
Wertung für Stronghold Warlords
Umfang: 6/10
Gameplay: 6/10
Spieldesign: 5/10
Atmosphäre: 7/10
Einsteigerfreundlichkeit: 8/10
Kampagne: 5/10
Multiplayer: 7/10
Preis-/Leistung: 7/10
Innovation: 6/10
Communityverbundenheit: 7/10
Gesamt: 64/100
Über den Verfasser:
Flo aka Stack (18) ist Student,
Spiele-Enthusiast, sowie Lokaljournalist.
Seit dem 16. Februar 2019 ist er
Mitglied der EGM-Community.