Elite: Dangerous | Ein Spiel mit einer Menge Raum
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Relly -
8. August 2020 um 23:00 -
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Elite: Dangerous
Ein Spiel mit einer Menge Raum
Computerlogbucheintrag der USS Gerhardt, Sternzeit 25341, hier spricht Captain Relly: Mittlerweile habe ich hunderte Sternensysteme und Planeten gesehen, verschiedene Händlermissionen erledigt, Kopfgelder eingestrichen und Diamanten aus Asteroiden gesprengt.
Also was ist Elite: Dangerous? Einfach gesagt, ein Sandkasten in der Größe einer Galaxie mit viel Raum und Zeit. Im Grunde dreht sich das ganze Spiel nur darum. Nun, an das voraussichtlich bald fertige Spiel “Star Citizen” wird es vermutlich nicht ganz heranreichen, zumindest was die Grafik anbelangt. Doch hat das 2014 erschienene Science Fiction-Sandbox Simulationsspiel als vierter Ableger der Reihe "Elite" einiges zu bieten.
Eine hochmoderne Raumstation von innen ( Quelle: Unbekannt )
Der Start im Spiel
Wo fängt man also an als frischer Captain? Auf der Erde? Oder dem Mars? Nicht ganz. Ihr startet in einer hypermodernen Raumstation in einer extra für Anfänger konzipierten Startzone. Beginnen werdet Ihr als Commander eures eigenen kleinen Schiffes. Die Sidewinder.
Den Entwicklern sei Dank, wartet zuvor ein ausführliches Tutorial auf Euch. Und das braucht Ihr auch, denn ohne Hilfe verliert Ihr Euch in der Vielfalt der Möglichkeiten. Ohne weitere Hilfe und Erklärungen von erfahrenen Weltraumpiloten, wäre ich am Anfang wohl aufgeschmissen gewesen.
Mit dem Basic an Wissen und einer leichten Ahnung der Steuerung, was Euch das Tutorial beschert hat, könnt Ihr nun in der Anfängerzone umherwandern. Und die kann sich sehen lassen. Ca. 10 Systeme umfasst die Zone, was für einen Anfänger ziemlich viel ist.
Aber Achtung: Solltet Ihr die Anfängerzone einmal verlassen haben, könnt Ihr nicht mehr dorthin zurück.
Das Spiel hat keine Kampagne oder einen Leitfaden, es gibt nämlich Euch als unabhängige Piloten die Freiheit, das zu tun und das zu sein, was Ihr wollt.
Zu Beginn des Spiels ist es absolut überzeugend, erstmal nur Credits zu sammeln, um Upgrades am eigenen Schiff durchzuführen. Der Kauf des ersten Schiffes und das Umsehen im Innenraum ist ebenso aufregend wie das Hören der neuen Motorgeräusche, die das Ding macht. Den Laderaum zu vergrößern, lohnt sich zum Beispiel für handelsübliche Piloten. Und wenn man mehr Waffen einsetzen kann, macht das bekanntlich auch jeden Spieler glücklicher. Auch die langen Wartezeiten zum Speichern und Aufrüsten des Schiffes sind erfreulich.
Unabhängig davon, welchen Karriereweg Ihr wählt - Handel, Bergbau, Erkundung, Reiseunternehmen, Erschießen von Guten, Erschießen von Bösen -, ändert oder entwickelt sich kaum etwas, auch wenn man sich aufrüstet. Ihr werdet im Prinzip die gleichen Missionen in einem größeren oder mehr mit Waffen versehenen Schiff annehmen und am Ende die gleichen Credits mit mehr Nullen verdienen.
"...und es hat Bumm gemacht" - Asteroidensprengung mit etwas Gewalt
Der Multiplayer fällt leider kaum auf, auch wenn er quasi All-existent ist (Achtung, Wortwitz).
Das Spiel gibt Euch die Möglichkeit mit Euren Freunden zusammenzuspielen in Form von Squads (Gilden) und Geschwadern (Gruppen/Partys) für bis zu 4 Leute, um als Team zusammenzuarbeiten.
Mit dem kostenpflichtigen DLC “Horizon” seid Ihr auch in der Lage wie ein Mietnomade zu Eurem Kumpel ins Schiff zu springen und dort die Geschütze o.Ä. zu bedienen, sofern jener ebenfalls das DLC besitzt.
Nichtsdestotrotz wird man auch immer wieder auf andere Spieler in dem Open-World Spiel antreffen. Die meisten die wir getroffen haben, waren allerdings wenig beeindruckt oder haben uns komplett übersehen.
Die Spielewelt und Atmosphäre
Alles in allem werdet Ihr aber eher weniger Spieler sehen, das liegt vermutlich an der riesigen, also wirklich riesigen Spielewelt. Seid Ihr mal durch Skyrim zu Fuß gelaufen? Hin und zurück? Wenn Ihr das 100 Milliarden Mal getan habt, dann habt Ihr es vielleicht bis zum nächsten System geschafft. (Nicht wirklich)
Die Spielewelt ist zwar teils prozedural generiert, folgt aber ungefähr unseren bisherigen Kenntnisstand vom Aufbau unserer Milchstraße. Das trifft allerdings nicht nur auf den Aufbau zu, sondern auch auf die Größe. Denn die Entwickler haben sich die Galaxie im 1:1 Maßstab vorgenommen. Das sind Sage und Schreibe 52.850 Lichtjahre. Nur mal zum Klarstellen: 1 LY (eng. lightyear) entspricht 9,461 Billionen Kilometer!
Die Spielewelt beherbergt über 400 Milliarden Planeten in wiederum Milliarden von Sternensystem mit dutzenden unterschiedlichen Sternen.
Ohne einen FSA (Frame Shift Antrieb) würde man wohl kaum bis zum nächsten System kommen, ohne stundenlang zu warten.
Die Leere des Weltalls - Kein Platz für Klaustrophobie (Quelle: teahub.io)
Wie fühlt es sich an? Wisst Ihr, stellt Euch mal den Pixar-Film Cars vor (der mit Lighting McQueen). Dort gibt es ja Gebäude, Straßen und Städte, aber keine Menschen, nur Autos. Jetzt stellt Euch das vor, aber mit weniger Autos, die nicht sprechen und sehr traurig aussehen und es ist immer dunkel. So einsam fühlt sich das Spiel ungefähr an. Nagut, aber das beschreibt ja schon ganz gut den Weltraum, also weiter im Text.
Die Simulation des Weltraums ist schön und realistisch in vielen Aspekten, in anderen leider wiederum kompromittiert. Als Beispiel: Es gibt wirklich enorm viel Raum in Elite Dangerous. Die Planeten befinden sich akkurat in dem richtigen physischen Abstand voneinander. Wenn man also von einem Planeten die Reise mit Superluminageschwindigkeit (also Überlichtgeschwindigkeit) beginnt, dauert es auch mal einige Minuten bis aus einem blauen Punkt ein bildschirmfüllender Gasriese oder ein funkelnder Stern zu einem Monsterball aus heißen Plasma Infernos wird. Reisen fühlt sich hier einfach richtig an.
Anders ist das bei Reisen zwischen den Systemen.
Startet man nun den FSA Antrieb und reist zwischen den Systemen, bewegt man sich in Über-Überlichtgeschwindigkeit (oder so ähnlich). Das Ganze wird auch nochmal von den knarrenden, stöhnenden Lauten aus den Antrieben und den wirbelnden Motoren unterstützt, die eure Ohren glauben lassen, dass sie sich gerade in einem alten, ramponierten Boot befinden, welches gerade gegen mehrere Gesetze der Physik verstößt, nur um am nächsten Stern eine Ladung Gemüse zu liefern.
Anscheinend braucht die Physik auch mal eine Pause, wenn es darum geht, dass Schiffe mit kontinuierlichem Antrieb im regulären Flug keine Beschleunigung kennen oder eine feste Rotationsgeschwindigkeit haben.
Und während man mit hundertfacher Lichtgeschwindigkeit glücklich zwischen Planeten hin- und herschwebt, hat man bei normalem Antrieb eine Höchstgeschwindigkeit mit wenigen hundert Metern pro Sekunde genug Zeit Newton einmal im Grab zu drehen.
Aber dennoch: Es macht einfach Spaß herumzufliegen.
Neutronenstern mit leichter Rotation. Hübsch aber gefährlich. (Quelle: Unbekannt)
Kampfsystem
Doch die merkwürdige Physik hat auch was Gutes. Sie führt zu vielen interessanten Weltraumkämpfen und verwandelt Langstrecken-Schlachten zu intimen und intensiven Luftkämpfen, naja, halt ohne Luft. Schnelligkeit und Flinkheit ist hierbei das Wichtigste um seinen Gegner zu besiegen, indem man sich wie Kampfflugzeuge des Zweiten Weltkriegs durch den Weltraum rollt und dreht. Man kann sagen, die absichtlich falsche Physik in dem Spiel bildet einen Eckpfeiler des wohl am weitesten verbreiteten Karriereweg: Andere Schiffe angreifen und zerstören, um Explosionen im Weltraum zu verursachen.
Doch der Kampf ist genau das Richtige für das Spiel. Man kann sich an Schlachten voll dutzender, einzelner NPCs und Großkampfschiffen beteiligen und die Kampf-KI ist sogar klug genug, um zu vermeiden, dass Ihr euch einfach unfair auf sie stürzen könnt. Die geeignetste Variante ist wohl, die feindlichen Schiffe herauszupicken und die bösen Jungs mit den erschreckenden Waffen bis zu einem gewissen Grad zu meiden.
"Tötet es!" - Spannende Explosionen bei der Weltraummafia (Quelle: mdegaming.at)
Fazit
Zugegeben, das Spiel überfordert einen am Anfang, doch lohnt es sich. Ihr taucht ein in eine Oper voller Wunder und Abstrusitäten mit Höhen und Tiefen. Alle Elemente spielen zusammen wie hunderte Instrumente einer Oper und erzeugen so ein Klangbild eines Beethoven würdig.
Ihr könnt Nahaufnahmen von Sternen, Schwarzen Löchern oder Planeten machen und komplett frei von irgendwelchen Verpflichtungen durch unsere Galaxie wandern. Dabei werdet ihr von der Detailtiefe und der dazu perfekt passenden Geräuschkulisse verzaubert.
Okay, die Grafik und die Engine sind vielleicht nicht mehr auf 2020 Standards, aber das macht nichts. Sie sind perfekt für dieses Spiel, genauso wie der Ton. Allein der Ton sollte anderen Entwicklern als Industriestandard gelten, um das Bewusstsein der Spieler mit einem Lasso einzufangen, um von einem großen, gutaussehenden Cowboy auf einen Ritt mitgenommen zu werden.
Es ist wohl das am besten klingende Spiel, was ich je gespielt habe.
Das Spiel ist 6 Jahre alt, lohnt es sich noch?
Ja. Trotz des Alters haben weder die Spieler noch die Entwickler dem Spiel den Rücken gekehrt. Das Spiel hat eine aktive Community und aktive Entwickler.
Das Spiel hat es verdient noch weitere 6 Jahre zu überleben.
Bewertung
Umfang: 9/10
Gameplay: 8/10
Atmosphäre: 10/10
Spieldesign: 8/10
Einsteigerfreundlichkeit: 5,5/10
Multiplayer: 6/10
Kampagne / Singleplayer Erlebnis: 10/10
Preis-/Leistung: 9/10
Innovation: 7/10
Communityverbundenheit: 8,5/10
Gesamt: 81/100
Über den Verfasser
Relly, 21,
ist beruflich in der IT tätig und leidenschaftlicher
Science-Fiction Fan. In der Community ist er
seit dem 28.12.2019
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