Die Wiederbelebung der Echtzeitstrategie? | AoE IV Review
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Stack -
30. Oktober 2021 um 16:45 -
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Die Wiederbelebung der Echtzeitstrategie?
- Age of Empires IV im Test: Überwältigende Stärken, kleinere Schwächen -
Mit Age of Empires IV kehrt eine der beliebtesten Echtzeitstrategie-Reihen aus dem Reich der Untoten zurück. Die Erwartungen an den Titel sind riesig. Die besten Tage der Echtzeitstrategie liegen jetzt schon fast zwei Jahrzehnte zurück. Heute sind aus einst großen Reihen wie Command&Conquer, Stronghold oder eben auch Age of Empires Nieschenprodukte geworden. Die Hoffnungen lagen nun vor dem Release von AoE IV also darauf, dass der Titel die Echtzeitstrategie wieder massenfähig macht. Außerdem erhofften sich Fans endlich einen Serientitel, der eine würdige Fortsetzung zu AoE II darstellt.
Große, epische Echtzeitstrategiespiele sind selten geworden. Umso größer sind die Erwartungen an AoE IV vor Release gewesen. (Quelle: windowscentral.com)
Bei diesen hohen Erwartungen ist es nicht selten, dass das tatsächliche Game dann enttäuscht. Doch Age of Empires IV schafft es tatsächlich viele Aspekte sehr gut, wenn nicht sogar perfekt umzusetzen und einen Großteil der gestellten Erwartungen zu erfüllen. Das liegt primär am grandiosen Gameplay, das dem Spieler hier geboten wird. Die Entwickler haben das Gameplay-Gerüst des zweiten Teils adaptiert, an den richtigen Stellen entschlackt und sinnvoll erweitert. Insgesamt ist AoE IV ein anspruchsvolles und komplexes Echtzeitstrategie-Spiel, das sich für Serien-Veteranen einfach wie ein echt gutes Age of Empires anfühlt. Das Meiste ist da wo es hingehört, neue Funktionen sind selbsterklärend und recht schnell zu verstehen.
Besonders gelungen ist dabei der erweiterte Aufbau-Part. Die einzelnen Epochen sind nun weitaus komplexer, durch einige Veränderungen an den Spielmechaniken kommt es früher zu Gefechten, das Spielgeschehen wird durch die vielfältigen Siegbedingungen auf die gesamte bespielte Map ausgeweitet. Besonders spannend sind dabei Maps mit einem Wasseranteil. Hier steigt das Stresslevel eines Spielers gerne ins unermessliche, wenn man auf vier verschiedenen Inseln gleichzeitig agiert, parallel noch eine Siedlung auszubauen hat und seine Gegenspieler im Auge behalten muss.
Sinnvolle Erweiterung: Truppen können jetzt auch auf Mauern geschickt werden. Das macht vor allem in der Kampagne Sinn. (Quelle: Heise.de)
Vor allem im Multiplayer hat man dabei am meisten Spaß. Das kann aber auch an der persönlichen Präferenz des Autors liegen. Der Singleplayer spielt sich aber ähnlich gut. Kampagnenmissionen, aber auch normale Matches funktionieren einfach gut. Die KI macht einen ordentlichen Job und macht sogar Schwachstellen in der Verteidigung der Spieler aus. Das führt zu spannenden Gefechten, die aber nie frustrierend werden.
Es ist für den Spieler immer klar nachvollziehbar, was er falsch gemacht hat, wenn er eine Schlacht, eine Festung oder gar ein ganzes Match verliert. Da kommt man schnell in Versuchung sich immer weiter verbessern zu wollen. Der gute alte AoE-Sog herrscht also auch in Age of Empires IV vor. Das Game fesselt wirklich und das kann man einfach nur lieben.
Die verschiedenen Völker von AoE IV kommen alle mit ihren eigenen Besonderheiten daher. Da kann es schonmal vorkommen, dass auf einmal ein Elefant am Burgtor anklopft. (Quelle: Golem.de)
Eine sinnvolle Entscheidung haben die Entwickler auch im Bezug auf die Völker, die man in AoE IV spielen kann, getroffen. Diese sind zahlenmäßig, mit acht Völkern etwas reduzierter. Dafür sind diese aber viel besser ausgearbeitet als in jedem anderen Serienteil. Jedes Volk spielt sich ein wenig anders, jedes Volk hat andere Ziele, jedes Volk hat eigene, einzigartige Truppe und Forschungsoptionen. Am interessantesten sind dabei wohl die Mongolen, die all ihre Gebäude einpacken und auf Wanderung gehen können. Aber auch die anderen Völker spielen sich interessant und toll. Das Balancing scheint dabei bis dato auch ausgewogen zu sein. Auf jede Stärke einer Nation gibt es auch eine Kontermöglichkeit. So liegt es letztlich wieder beim Können der Spieler die Oberhand zu gewinnen.
Nachdem wir jetzt viel über das Gameplay gesprochen haben, soll es nun mit einem Aspekt weitergehen, der AoE in das Gedächtnis tausender Spieler gebrannt hat: Die Mittelalteratmosphäre. Age of Empires IV zaubert tatsächlich ein wunderschönes Mittelalter auf den Bildschirm. Der Artstil, der im Vorfeld teilweise stark kritisiert wurde, passt zum Gesamtbild und bietet wirklich schöne, ikonische Ansichten. Siedlungen wirken unglaublich organisch und natürlich. Einzig und alleine die Wasseranimationen bei Segelschiffen und manche Bewegungen von Dorfbewohnern und Truppen hätten etwas mehr Detailliebe vertragen können. Gerade die Schiffe wirken bei ihren Bewegungen doch etwas altbacken. Insgesamt ist das Bild, das sich dem Spieler bietet dennoch wirklich herrlich.
Die Soundkulisse von AoE IV ist einfach atemberaubend schön. Einzig und allein ein paar wenige hölzerne Animationen brechen vereinzelt die Perfektion des Spieldesigns. (Quelle: computerbase.de)
Was aber wirklich für eine unverwechselbare Mittelalter-Stimmung sorgt, ist das grandiose Sounddesign. AoE IV liefert großartige Charakter-Lines und tolle Schlacht-Sounds. Doch auch das Werken und Leben in den Siedlungen ist toll vertont. Dabei haben die Entwickler sich sogar die Mühe gemacht die Sounds und Voice-Lines auf die jeweiligen Völker und sogar die jeweiligen Epochen anzupassen. AoE IV spielt man also nicht nur gerne, man hört es auch einfach gerne an.
Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie großartig sich diese Situationen ingame anhören. AoE IV setzt hier neue Maßstäbe. Die Entwickler haben die hier zu sehenden großen Pfeile übrigens in der Release-Version nachbearbeitet und sind so dem Wunsch der Community nachgekommen. (Quelle: NGL.one)
AoE IV ist fast perfekt. Das Gameplay ist top, die Präsentation überzeugt. Die wenigen Schwächen des Games finden sich in der Kampagne, bei der die Missionen zwar klasse sind, aber die Art und Weise wie die Kampagne erzählt wird auf Kritik stößt. Hier spielt man praktisch eher in einer Dokumentation mit, was manchem gefällt, bei anderen aber ein wenig die Mittelalter-Stimmung verhagelt. Der zweite Kritikpunkt liegt derzeit noch bei der Steuerung, die keinesfalls schlecht, aber leider nicht voll individualisierbar ist. Die Entwickler versprechen hier nachzubessern.
Age of Empires IV ist ein toller Echtzeitstrategie-Titel. Daran besteht kein Zweifel. Durch den bald kommenden Mod-Support und die Verbesserungsprojekte der Entwickler dürfte es reifen wie ein guter Wein. Damit hat es das Potential das Genre wiederzubeleben. Auf einen finanziellen Erfolg ist in jedem Fall zu hoffen. Dieses Spiel ist sein Geld wert.
Wertung für AoE IV
Umfang: 8/10
Gameplay: 10/10
Spieldesign: 9/10
Atmosphäre: 10/10
Einsteigerfreundlichkeit: 8/10
Kampagne/Singleplayer: 8/10
Multiplayer: 9/10
Preis-/Leistung: 9/10
Innovation: 9/10
Communityverbundenheit: 9/10
Gesamt: 89/100
Über den Verfasser:
Flo aka Stack (18) ist Student,
Spiele-Enthusiast, sowie Lokaljournalist.
Seit dem 16. Februar 2019 ist er
Mitglied der EGM-Community.