Troy: A Total War Saga | Ein Trojanisches Pferd, oder doch ein neuer Strategiehit?
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21. August 2020 um 00:28 -
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Troy: A Total War Saga
Ein Trojanisches Pferd, oder doch ein neuer Strategiehit?
Troy: A Total War Saga bietet aktuell eine Kampagne, bei der man wahlweise auf Seiten der Griechen oder Trojaner mehrere einzigartige, bekannte Helden mit ihren Nationen spielen kann. Zudem verfügt der Titel auch über einen Gefechtsmodus, in dem man die berühmtesten Schlachten der Bronzezeit, in der Troy spielt, nachspielen kann. Des Weiteren wird ab November auch ein Multiplayer-Modus nachgereicht, in dem man gegen- und miteinander in den Krieg ziehen kann.
Die Kampagnenkarte erstreckt sich über das vorantike Griechenland, Kreta, den Bosporus und große Teile der Mittelmeerküste der heutigen Türkei. Auf dieser sind zahlreiche rivalisierende, historisch akkurate Kleinstaaten verteilt. Eine beachtliche Auswahl an Nahkämpfern, Schock- und Ferntruppen können rekrutiert werden und dienen dazu, andere Nationen zu unterwerfen und schlussendlich zum Marsch auf Troja zu blasen.
2. Das Spiel mit dem Krieg
Wer schon einmal ein Total War gespielt hat, wird mit den Mechaniken von Troy keinerlei Probleme bekommen. Die Steuerung auf der Kampagnenkarte, wie auch in den Echtzeitschlachten, geht leicht von der Hand und ist geschmeidig. So fällt es einem leicht, sich auf das eigentliche Geschehen zu konzentrieren, was durch die verbesserte KI auch bitter notwendig ist. Die KI ist seit jeher ein Problemkind bei fast jedem Total War. Da kam es häufiger vor, dass die Gegner ihre Hauptstädte unbewacht ließen und lieber ein Himmelfahrtskommando nach dem anderen gegen einen fuhren. Diese Probleme treten nun nur noch sehr, sehr selten auf, weswegen die KI vor allem auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad schonmal bissiger sein kann.
Auf der Kampagnenkarte gibt es in Troy: A Total War Saga nun deutlich mehr zu tun. Das Gameplay wurde hier sinnvoll erweitert, wobei man zugeben muss, dass die Neuerungen noch nicht voll ausgereift sind. (Quelle: GamersGlobal.com)
Im Allgemeinen versucht Troy komplexer als seine Vorgänger zu sein. Das Diplomatie-, Wirtschafts- und Religionssystem zielen ganz deutlich darauf ab fordernder zu sein. Die Mechaniken mit denen der Spieler hier arbeiten kann, funktionieren allesamt einwandfrei, jedoch manchmal auch zu gut. Das Wirtschaftssystem mit seinen zahlreichen neuen Ressourcen wird spätestens nach einigen Stunden Spielzeit nur Nebensächlichkeit, da man Berge an Ressourcen anhäuft, wenn man keine gröberen Fehler zulässt. Hier wäre noch ein wenig mehr Zeit zum Ausreifen und Testen des Systems von Nöten gewesen.
Unverändert gut sind weiterhin die Echtzeit-Massenschlachten, die sich einfach grandios spielen und endlose taktische Möglichkeiten bieten. Durch einige Veränderungen haben Begebenheiten des Terrains des Schlachtfeldes noch mehr Einfluss auf die Bewegungen unserer Truppen. So verlangsamt Sand und Schlamm das Vorrücken der Truppenverbände.
3. Spieldesign
Die Spielwelt von Troy: A Total War Saga überzeugt vor allem durch die tolle Gestaltung der Kampagnenkarte. Die Städte und Siedlungen sind vereinfacht dargestellt und erinnern durch ihre kreisrunde Form ein Wenig an Städte aus „Der Herr der Ringe“.
Die Wasseranimationen können ebenfalls überzeugen, wirken aber noch lange nicht so schön anzusehen wie bei einem Anno. Im Allgemeinen merkt man an manchen Stellen, dass die verwendete Engine nicht mehr die neueste ist. Bei dieser handelt es sich um die von Total War: Warhammer 2.
Hier wäre ein grundlegendes Update wünschenswert gewesen. Am ehesten merkt man diese Defizite, wenn man bei den Echtzeit-Massenschlachten mal ein wenig näher an das Geschehen zoomt. Hier springen einem die teilweise abgehackten und unförmige Bewegungen der Soldaten ins Auge. Des Weiteren ist das hohe Gras, welches man auf den Schlachtfeldern an größeren Flächen sieht, vom Nahen ebenfalls etwas sehr undetailliert. Diese kleinen Fehlerchen fallen nicht groß ins Gewicht, wären aber vermeidbar gewesen.
4. Atmosphäre
Total War schaffte es seit je her den Spieler das Gefühl zu vermitteln tatsächlich der Feldherr einer großen, mächtigen Armee zu sein. Dies gelingt auch Troy. Es ist einfach ein unglaubliches Gefühl, wenn man beobachten kann, wie seine eigens gut ausgearbeitete Taktik den gewünschten Erfolg bringt und die gegnerischen Fronten zusammenbrechen. Die Gegner rennen davon, die eigenen Truppen jagen ihnen hinter her. All das ist wunderbar anzusehen und es fühlt sich einfach großartig an.
Dadurch, dass der Heerführer einer jeden Armee nun nicht mehr von einer Garde umgeben ist, sondern als unabhängiger Charakter über das Schlachtfeld zieht, ist man diesem deutlich mehr verbunden. Man kann sich mit seinen Helden viel leichter identifizieren und baut tatsächlich eine Bindung zu ihnen auf, da sie nun nicht mehr generisch sind.
Eine unverwechselbare Schlacht-Atmosphäre kommt bei Troy: A Total War Saga in jedem Fall auf. Noch nie war es so wunderschön anzusehen, wie sich Griechen gegenseitig den Kopf einschlagen. (Quelle: Steam.com)
5. Einsteigerfreundlichkeit
Startet man Troy: A Total War Saga das erste Mal, so erscheint ein kleines Auswahlfenster bei dem man festlegen kann, welchen Erfahrungsstand man mit Total War schon hat. Abhängig von den Angaben die man dort gemacht hat, werden bei der ersten Kampagne die man beginnt mehr, oder weniger Hinweise und Tutorial-Missionen eingebaut. Dieses System ist grundsolide und funktioniert gut.
Einen Kritikpunkt gibt es hier aber dennoch: Für blutige Anfänger könnte es zu Verständnisproblemen bei der Erklärung der einzelnen Funktionen kommen. Hier kann es leicht passieren, dass gewisse Operatoren unter den Tisch rutschen. Dies liegt daran, dass einige der Erklärungen recht versteckt in den eingeblendeten Textfenstern sind und nicht wirklich hervorgehoben werden. Eine deutlichere Kennzeichnung von Hinweisen und Erklärungen wäre hier wünschenswert und notwendig gewesen. Zudem fehlen in Teilen auch Hinweise auf das Diplomatie-System und andere Mechaniken. Eine Art Taktik-Guide wäre für Total War Neulingen mit Sicherheit auch hilfreich gewesen.
6. Kampagne
Die Kampagne von Troy: A Total War Saga erzählt die Geschichte der trojanischen Kriege. Diese sind zeitlich auf die späte Bronzezeit datiert und historisch gesehen nicht eindeutig belegt. Wir sprechen bei der Handlung von Troy also eigentlich von einer Sage. Helena, die Frau des Menelaos (der König von Sparta war), wird von Paris, Sohn des trojanischen Königs Priamos, entführt. Die Griechischen Stadtstaaten sind von dieser Tat empört, geschockt und wollen Rachen üben. So kommt es zum Krieg und mehrere Kriege brechen aus. Der Verlauf des Krieges wird während einer Kampagne im Rahmen von speziellen Missionen erzählt. Diese beinhalten am Anfang noch hauptsächlich Missionen in denen man sein Reich vergrößern, seine Armee aufrüsten und Bündnisse schließen soll, um für den anstehenden Kampf gegen Troja gerüstet zu sein. Im Lauf der Kampagne werden die Story-Missionen immer anspruchsvoller.
Auslöser für die Ereignisse in der Kampagne von Troy ist Paris (der Stecher links im Bild), der die Frau des Königs von Sparta, die wunderschöne Helena (Clown rechts im Bild), nach Troja entführt hat. (Quelle: Steam.com)
Eine jede Kampagne steuert dann auf ihren Höhepunkt zu, wenn sich automatisch eine dem Spieler ebenbürtige Fraktion erhebt. Diesen Feind gilt es zu schlagen, bevor es dann in den finalen Kampf gegen Troja geht.
Nun ja, die Sache mit dem Finalkampf ist teilweise auch problembehaftet. Es kann vorkommen, dass die Stadt Troja bereits an einen unserer Verbündeten gefallen ist, wenn man zum finalen Feldzug aufbrechen will. Um den Kampagnensieg zu erringen muss man allerdings selbst Troja erobern, also auch wenn dieses schon von einem Verbündeten erobert wurde. In unserem Test kam es auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad sogar dazu, dass einer unserer Vasallen Troja den Todesstoß versetzte und wir dann in den Krieg gegen eben jenen Vasallen ziehen mussten. Hier sollte noch dringend nachgebessert werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass es soweit kommt ist nicht dramatisch groß, kann aber durchaus nervig daherkommen.
Die Belagerung Trojas kann wahrlich spektakulär daher kommen, aber auch zu einem lächerlichen Kampf gegen die eigenen Verbündeten verkommen. Optimalerweise kann die Schlacht um Troja dann aber tatsächlich atemberaubend werden. (Quelle: Pressakey.com)
7. Preis/Leistung
Troy: A Total War Saga war ab Release für 24 Stunden lang kostenlos im Epic Games Store erhältlich. Jeder, der hier zugeschlagen hat, kann sich absolut sicher sein einen guten Deal gemacht zu haben. Regulär kostet der Titel nun wieder 50 Euro, in gängigen Key-Stores ist aktuell mit Rabatten von 10 bis 20 Prozent zu rechnen. Lohnenswert ist es auf jeden Fall diese Rabatte einzustreichen, sollte man die Verschenk-Aktion verpasst haben. Sollte man wirklich mit dem Gedanken spielen das Spiel zu kaufen, so sollte man vielleicht noch den Release des Multiplayer-Modus´ im November abwarten. Die Qualität dieses Multiplayers sollte bei der Kaufentscheidung berücksichtigt werden.
Dass der Fast-Vollpreistitel außerdem noch mit der alten Total War: Warhammer 2 Engine läuft ist nicht wirklich eine Rechtfertigung für den Preis von 50 Euro. Hier hätte Creativ Assembly preislich entgegenkommen müssen. Für 30 bis 40 Euro ist der Titel sein Geld wert.
8. Innovation & Community
Der neueste Ableger der Total War Reihe bringt einige grundlegende Neuerungen mit sich. Das Wirtschaftssystem wurde grundlegend überarbeitet und deutlich ausgebaut. Gab es in älteren Teilen nur zwei Ressourcen (Gold, beziehungsweise Geld und Nahrung), so kann Troy mit den Ressourcen Stein, Bronze, Holz, Nahrung und Gold aufwarten. Mit diesen verbunden sind zahlreiche neue Produktionsgebäude. Das innovative Religionssystem, mit dem man hilfreiche Buffs erhalten kann, ist in dieser Form auch eine Neuheit, die zudem zu überzeugen weiß.
Creative Assembly erfüllt den Wunsch der Total War Community, endlich mal wieder ein richtiges, historisches Total War zu bekommen, mit Troy nur in Teilen. Die Mehrheit der Community wollte, dass der Fokus weniger auf den einzigartigen Helden liegt. Dennoch sind die Schlachten sehr unterhaltsam und die bessere KI war ein großer Wunsch der Community. Creative Assembly hat sich also durchaus Kritik zu Herzen genommen, was in der heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit mehr ist.
Dass Troy zudem kostenlos erhältlich war, kann zudem als großes Geschenk an die Community verstanden werden. So gut wie jeder Total War Fan konnte hier einfach zugreifen.
9. Fazit
Troy: A Total War Saga bietet so ziemlich alles, was man sich von einem Total War erwartet. Eine ansprechende Präsentation, die genialen Massenschlachten, die detailreiche Kampagnenkarte, all das funktioniert und harmoniert wunderbar. Jeder, der bei der Verschenk-Aktion zugeschlagen hat, der hat einen sehr guten Deal gemacht. Troy hat mit Sicherheit das Potential für hunderte Stunden zu unterhalten. Sollte der Multiplayer, der im November hinzugefügt wird, an denen von vergangenen Total Wars anknüpfen können, so ist Troy dann tatsächlich ein kleiner Strategiespiel-Hit.
Wertung
Umfang: 7/10
Gameplay: 9/10
Atmosphäre: 10/10
Spieldesign: 8/10
Einsteigerfreundlichkeit: 8,5/10
Kampagne: 8/10
Preis-/Leistung: 6,5/10
Innovation: 8/10
Communityverbundenheit: 8/10
Gesamt: 81/100
Anmerkung (Persönliche Meinung)
Nachdem Troy: A Total War Saga für 24 Stunden kostenlos im Epic Games Store erhältlich war, haben sich auch etliche Spieler, die noch nie ein Total War gespielt haben, den Titel heruntergeladen. Logisch, man will sich dieses einmalige Angebot ja nicht entgehen lassen, auch wenn einige anscheinend keinen Plan davon hatten, was sie sich da gerade auf ihre Festplatte ziehen. Anders kann ich mir nicht erklären, wie es über dieses Spiel so viele dermaßen unreflektierten Aussagen gibt.
„Das Game bockt null, voll öde“ und „Digga wie lame das ist“ gehörten wohl mit zu den häufigsten und noch am harmlosesten jener Äußerungen. Offenbar haben einige Unwissende, Möchtegern-Pubertäre und selbsternannte Gaming-Experten etwas ganz anderes von diesem Titel erwartet. Ganz offensichtlich hat sich diese Personengruppe nur die mit Cutsences überfluteten Trailer angesehen und dann ein Spiel im Stil eines Assassin`s Creed Origins erwartet. Heißt im Klartext: Die „BOYS“ haben damit gerechnet, dass sie ein Paar Trojanern ordentlich auf die Fresse geben und nach getaner Arbeit die spartanische Prinzessin Helena flachlegen können.
Ganz offensichtlich fehlt diesen Personen schlicht die notwendige Reife und Intelligenz einen Strategietitel zu zocken und bei den Echtzeit-Massenschlachten nicht pausenlos zu verlieren, weil sie diese fälschlicherweise mit einem Hack&Slay verwechseln und glauben, dass man seine Steinschleuderer ja mit Sicherheit auch in den Nahkampf gegen Speerträger schicken kann.
Ich verstehe es absolut, wenn man mit der Total War Reihe nichts anzufangen weiß, weil man eher andere Spielegenres präferiert. Diversität in dieser Hinsicht ist wichtig und sollte auch respektiert werden. Mich macht es jedoch wirklich fuchsteufelswütend, wenn man einem Spiel, welches einem auch noch kostenlos bereitgestellt wurde, schlechte Bewertungen und Äußerungen reindrückt, nur weil man mit dem Genre nicht klarkommt und mit der strategischen Tiefe von Troy: A Total War Saga überfordert ist.
Man kann den neusten Ableger der Total War Reihe mit Sicherheit für sein etwas unausgereiftes Wirtschaftssystem, oder den fehlenden Multiplayer zum Release kritisieren, aber nicht weil man als ahnungsloser Neuling in seiner ersten Total War Partie hart in den Hintern getreten bekommt.
Mein Apell an jeden, der sich Troy kostenlos gesichert hat und bisher keine Erfahrungen mit Strategiespielen hat, lautet deswegen ganz klar, dass ihr euch entweder ein wenig mit dem Spiel und seinen Mechaniken auseinandersetzt und den Willen entwickelt eure Skills zu verbessern, oder alles einfach auf sich beruhen lässt. Die, die mit dem Spiel nicht zurechtkommen haben keinen Pfennig verloren. Es ist deswegen völlig unbegründet ein Spielgenre zu haten und die Leute, die Spaß an jenen Spielen finden zu beleidigen.
Und zum Abschluss nochmal eine Bemerkung für eine Person, die zu mir meinte, dass man für Strategiespiele keinerlei Skills bräuchte und Ego-Shooter sowieso die härtesten Spiele überhaupt seien:
Wenn du das nächste Mal eines deiner „Hardcore-Games“ spielst solltest du vielleicht einfach mal darüber nachdenken wie viel Skill es erfordert die linke Maustaste zu drücken um einen deiner „Hardcore-Gegner“ wegzuballern und wieviel Skill es wohl erfordert ein riesiges Reich, mit komplexer Infrastruktur und mehreren großen Heeren, die gleich an verschiedenen Kriegsschauplätzen eingesetzt sind, zu managen.
~ cheers ~
Über den Verfasser:
Flo aka Stack (18) ist Student,
Spiele-Enthusiast, sowie Lokaljournalist.
Seit dem 16. Februar 2019 ist er
Mitglied der EGM-Community.
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