Die deutsche Filmlandschaft hat ein Problem | Essay
-
Stack -
30. April 2022 um 18:30 -
2.002 Mal gelesen -
6 Kommentare 7 Minuten
Die Probleme der deutschen Filmlandschaft
Die heutige Filmlandschaft in deutschen Kinos ist mehr denn je von ausländischen Produktionen geprägt. Das ist generell erstmal nichts Schlimmes. Immerhin dienen Filme auch dem kulturellen Austausch. Einen guten amerikanischen Actionfilm, eine französische Komödie oder einen japanischen Martial-Arts-Film zu sehen, das ist absolut nichts Verwerfliches. Es hat seine Gründe, dass manche Länder ihre Filme gut ins Ausland exportieren können. Umso trauriger ist es, dass der deutsche Film international praktisch keine Rolle mehr spielt.
Während die Franzosen mit Produktionen wie "Ziemlich beste Freunde" weltweit großen Erfolg hatten, gurkte Til Schweigers "Honig im Kopf" in den USA bei Einnahmen von 75.000 Dollar herum. Kein Schwein interessiert sich für deutsche Filme. Nur wir Deutschen scheinen immer noch wie blind ins Kino zu rennen, wenn die tausendste Romatikkomödie erscheint. Hier liegt gleich das erste Problem der deutschen Filmlandschaft: Die anspruchslose Zuschauerschaft.
Da ist sie: Die volle Pracht der deutschen Filmkunst. Toll wie oft sich die Macher so super kreative Wortspiele für ihre Filmtitel einfallen lassen... (Quelle: ZDF Magazin Royale)
Blickt man einmal auf die erfolgreichsten deutschen Bewegtbildproduktionen der 2000er Jahre zurück so fällt eines deutlich auf: Die Deutschen lieben Komödien. Da gibt es natürlich auch ein paar gute deutsche Produktionen. Ob man den Bully Herbig Filmen wie "Schuh des Manitu" und "(T)raumschiff Surprise" etwas abgewinnen kann, muss jeder selbst wissen. Letztlich sind diese aber dennoch gelungene Parodien mit einem speziellen, eigenen Humor. Doch dann ist da eine große Zahl an erfolgreichen Produktionen, die kulturell schlicht und ergreifend vollends wertlos sind. Komödien, die nach immer den gleichen Prinzipien entstehen. Filme wie "Nightlife", "Die Hochzeit" oder "Verrückt nach Fixi" (da geht es allen Ernstes um eine lebendiggewordene Sex-Gummipuppe) laufen stets nach Schema F ab und kommen dennoch gut an.
Oft geht es primär um Männer (wie oben auf den netten Filmplakaten zu sehen ist). Starke, ernstzunehmende Frauenrollen sind selten. In manchen Filmen geht es erstaunlich oft um Themen mit sexuellem Bezug, bei dem dann aber die Darstellung eben jener Themen erstaunlich prüde und plumb daherkommt. Der Mut zur Erotik fehlt. Kreativität wird zur Mangelware. Pimmelwitze finden wohl mehr Anklang. Oder man zeigt einfach Unmengen an flüssigen und harten Körperausscheidungen. Das deutsche Publikum konsumiert zufrieden weiter. Woher kommt das? Wie kann der deutsche Durchschnittszuschauer nur so anspruchslos sein?
Nun, er weiß er vermutlich einfach nicht besser. Es ist ja nicht so, als wäre die restliche Kinolandschaft abseits der deutschen Filme vollends gut. Das Gegenteil ist der Fall. So manche amerikanische Adam Sandler Komödie ist schlimmer, als alles was Til Schweiger jemals "verfilmt" hat. Der deutsche Film scheint sich also an den falschen Vorbildern zu orientieren. Und der Zuschauer hat sich an den Einheitsbrei aus fehlendem Tiefgang schon längst gewöhnt.
"Plakat-Design is my passion" - oder auch nicht, wenn man sich mal ansieht, wie unglaublich "abwechslungsreich" deutsche Filmplakate gestaltet werden. (Bildquelle: ZDF Magazin Royale)
Das liegt wohl auch an der deutschen Filmförderung. Mehr als 400 Millionen Euro - so viel wird jedes Jahr in Deutschland für die Filmförderung bereitgestellt. Ein beachtlicher Betrag, wenn auch die Franzosen ihren Filmfördergesellschaften noch weitaus mehr Mittel zur Verfügung stellen. Dennoch eigentlich genügend Mittel um gute Filme zu produzieren. Und dennoch scheint es so, dass deutsche Filme trotz ausreichender Fördermittel oft keine gute Qualität liefern können. Die besten deutschen Filme, die man auch im Ausland kennt, sind meistens Historien-Produktionen wie "Der Untergang" oder "Das Boot". Abseits davon gibt es hauptsächlich die genannten 08/15-Produktionen, die aber jedes Mal aufs neue Fördergelder von verschiedensten Filmförderanstalten in ganz Deutschland bekommen.
Die Strukturen der Förderanstalten führen dabei zu einem weiteren Problem. Die zahlreichen Fördergruppen einzelner Bundesländer knüpfen die Förderung meistens an Bedingungen, die dann die Produktion der Filme beeinflussen. Außerdem herrscht bei vielen Förderanstalten das Prinzip vor, dass einmal erfolgreiche Filmkonzepte bestimmt nochmal erfolgreich sind, wenn man sie leicht verändert nochmal auflegt. Und so kommt es dann dazu, dass man drei "Fack Ju Göthe"-Teile bekommt, von denen vielleicht einer einen halbwegs ansehnlichen Film darstellt, der allerdings auch immer nur oberflächlich die Probleme der Sozialen- und Bildungsungleichheiten anschneidet. Mehr Tiefe würde ja den Zuschauer überfordern.
Fördergelder der Bundsländer für Filme: Die Mittel stammen aus Steuergeldern und Rundfunkgebühren. Damit zahlt ein jeder von uns auch für miese Filme mit. (Quelle: Erich Pommer Institut)
Fassen wir also mal zusammen: Schlechte Filmförderung, Zuschauer die nichts besseres gewohnt sind und die immer gleichen Themen. Das sind schonmal so einige Gründe für die allgemein miese Qualität deutscher Filmproduktionen. Die Kirsche auf dem großen Haufen Dung, der sich deutscher Film schimpft, sind dann noch die handelnden Personen. Prominente, die sich als "Künstler" feiern lassen, während ihre Kreativarbeit sich auf ein Minimum beschränkt und Produzenten die es für sinnvoll halten, dass auch talentlose Influencer ihre eigenen Filme bekommen sollen. Und so erfreuen sich deutsche Kinogänger an Produktionen wie "Bruder vor Luder", in denen die Lochis ihre eigene Großartigkeit feiern.
Für Filmschaffende sind es keine einfachen Zeiten. Die Kinos waren durch die Corona-Pandemie lange geschlossen. Gewagte, große Produktionen haben schwer zu kämpfen. Finanzielle Risiken wollen die wenigsten Geldgeber eingehen. Deswegen wird umso mehr auf "bewährte Konzepte" gesetzt. Es ist ein Teufelskreislauf, der dann Filme wie das "Kaiserschmarrndrama" zur Folge hat. Der Titel sagt schon alles. Wie schön wäre es, wenn es mal wieder mehr gute Produktionen aus Deutschland geben würde.
"Metropolis" setzte 1927 neue Maßstäbe im Genre der Science Fiction. Eine Produktion, die in Deutschland konzipiert, finanziert und gedreht wurde und die Filmwelt veränderte. (Quelle: Filmstarts.de)
Der deutsche Film konnte das alles schon einmal besser. Immer wieder konnten deutsche Produktionen aus vergangenen Zeiten Maßstäbe setzen. Zu nennen ist da vor allem "Metropolis" von Fritz Lang aus dem Jahr 1927. Ein Film der die Science Fiction in ihren frühen Jahren prägte wie kein anderer. Heute ist an einen solchen Meilenstein wohl kaum noch zu denken, wenn man sich die heutigen deutschen Produktionen ansieht. Wieso gab es in den 70ern so großartige Filme wie "Aguirre", "Fitzcarraldo", "Woyzeck" und "Nosferatu – Phantom der Nacht" (übrigens alles Filme von Werner Herzog)? Heute erscheint vielleicht noch jedes Schaltjahr mal ein deutscher Film, den man als "großartig" bezeichnen kann, ohne sich wie ein Idiot zu fühlen.
Wäre es nicht schön, wenn auch deutsche Produktionen wieder besser werden würden? Ich glaube schon. Es liegt letztlich in der Macht der Zuschauer die Filmlandschaft zu verändern. Miese Filme muss man sich ja nicht anschauen. Dafür lohnt es sich vielleicht auch mal die kleineren, unbekannteren Produktionen zu verfolgen. Nur so werden auch die großen Förderanstalten merken, dass es sich nicht lohnt den nächsten Til Schweiger Film zu finanzieren. Das lohnt sich schon jetzt filmisch nicht. Nun darf es sich auch finanziell nicht mehr lohnen.
Über den Verfasser:
Flo aka Stack (19) ist Student,
Spiele-Enthusiast, sowie Lokaljournalist.
Seit dem 16. Februar 2019 ist er
Mitglied der EGM-Community.
Kommentare 6